Flucht und Migration in die EU: Zypern macht dicht

Zypern setzt die Bearbeitung von Asylanträgen von Syrern aus. Grund ist die gestiegene Zahl von Neuankömmlingen. Nun soll ein Deal mit Libanon her.

Mehrer Personen an einem Tor mit Polizei.

Eingang zum Flüchtlingscamp Pournara auf Zypern Foto: Tobias Steinmauerer/imago

ATHEN taz | Allein im April sind Medienberichten zufolge mehr als 1.000 Flüchtlinge und Migranten mit Booten aus dem Libanon in Zypern angekommen. Viele von ihnen sind Syrer. Dass Zypern nun die Bearbeitung von Asylanträgen von Syrern bis auf Weiteres aussetzt, sei „eine Notmaßnahme, eine schwierige Entscheidung, um die Interessen unseres Landes zu schützen“, so Zyperns Staatspräsident Nikos Christodoulidis.

Von Anfang Januar bis Ende März 2024 erreichten offiziellen Angaben zufolge 2.448 Menschen Süd-Zypern über den Seeweg

Die im östlichen Mittelmeer gelegene Insel Zypern befindet sich nur rund 160 Kilometer westlich der Küsten des Libanon und Syriens. Ganz Zypern hat nur etwa 1,25 Millionen Bewohner. Seit dem Sommer 1974 ist das Eiland nach der völkerrechtswidrigen Invasion türkischer Truppen in den Inselnorden faktisch geteilt. Etwa 900.000 Menschen leben im von der Regierung der Republik Zypern kontrollierten Süden der Insel, weitere 350.000 Menschen in der 1983 ausgerufenen und nur von der Türkei anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“.

Die Schutzsuchenden wollen in den Süden Zyperns. Von Anfang Januar bis Ende März dieses Jahres erreichten offiziellen Angaben zufolge 2.448 irreguläre Migranten Zyperns Süden über den Seeweg. Ein Großteil der Boote mit Flüchtlingen und Migranten startet vom Libanon aus. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum waren es auf dieser Route lediglich 78. Gemessen an seiner Gesamtbevölkerung ist Zypern das EU-Land mit den meisten irregulär einreisenden Migranten in der EU-27.

Die nun beschlossene Aussetzung der Asylanträge von Syrern ist ein scharfes Schwert. Es ist nicht das erste Mal, dass ein EU-Land es anwendet. Im März 2020 hatte Griechenland die Aussetzung aller Asylanträge beschlossen. Tausende von Flüchtlingen und Migranten hatten damals gleichzeitig versucht, die Festlandsgrenze zwischen Griechenland und der Türkei irregulär zu überqueren und damit EU-Gebiet zu erreichen. Erst nach dem Ende der Auseinanderstzungen an der Grenze wurde die Aussetzung wieder aufgehoben.

Zyperns Präsident besucht Libanon

Ein weiterer Hebel, um die Zahl der Neuankömmlinge auf Zypern signifikant zu senken, soll aus Sicht von Nikosia die Bereitstellung von zusätzlichen Geldern für den Libanon sein. Der seit 2019 von einer desaströsen Wirtschaftskrise geschüttelte Zedernstaat beherbergt laut offizieller Angaben mindestens 800.000 Flüchtlinge aus Syrien, davon leben nach UN-Angaben 90 Prozent in Armut. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, die tatsächliche Zahl der dort Ausharrenden dürfte zwischen 1,5 und 2 Millionen Menschen liegen.

Zyperns Staatspräsident Christodoulides besuchte letzte Woche den Libanon, nachdem er bereits Anfang April die EU um Hilfe angerufen hatte. Sein Ziel ist es, dass Brüssel Beirut bei der Eindämmung der Flüchtlingsströme aus dem Libanon mehr als bisher finanziell unterstützt. So soll der Druck auf die libanesische Regierung erhöht werden, um die Abfahrt der Boote zu verhindern.

„Die EU stellt dem Libanon erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung“, so Christodoulidis. Es bestehe durchaus der politische Wille, diese Finanzmittel aufzustocken, fügte er hinzu. Die EU hat ein Abkommen solcher Art im Februar mit Ägypten geschlossen, Kairo kassiert so EU-Finanzhilfen in Höhe von 7,4 Milliarden Euro.

Ein dritter Hebel, um der Lage auf Zypern Herr zu werden, ist aus Sicht von Nikosia, Teile Syriens zu sicherem Gebiet zu erklären. In diesem Zusammenhang besuchte Zyperns Innenminister Konstantinos Ioannou in der vorigen Woche die EU-Partner Dänemark, Tschechien sowie Griechenland, um für einen solchen Vorstoß innerhalb der EU zu werben. UN-Organisationen, Menschenrechtsgruppen sowie viele westliche Regierungen halten jedoch daran fest: Syrien bleibt weiterhin kein sicheres Land für Rückkehrer.

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