+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Iranische Botschafter einbestellt

Deutschland, Frankreich und Großbritannien bestellen die iranischen Botschafter ein. In Israel kritisiert Oppositionspolitiker Lapid Netanjahu scharf.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihr französischer Amtskollege Stephane Sejourne stehen an zwei weißen Rednerpulten vor den Fahnen von Deutschland, Frankreich und der EU.

Kommentieren auch die Lage in Nahost: Außenministerin Annalena Baerbock und ihr französischer Amtskollege Stéphane Séjourné am Montag Foto: reuters/Sarah Meyssonnier

Oppositionspolitiker Lapid attackiert Netanjahu scharf

Nach dem beispiellosen iranischen Angriff auf Israel hat der israelische Oppositionspolitiker Jair Lapid Regierungschef Benjamin Netanjahu scharf attackiert. Unter Netanjahus seit Ende 2022 regierendem Kabinett unter Beteiligung rechtsextremer Politiker habe Israel einen „vollständigen Verlust“ seiner militärischen Abschreckungsfähigkeit erlebt, schrieb der Liberale Lapid am Montag im Onlinedienst X.

Netanjahu habe Israel „Trümmerhaufen von Beeri bis Kirjat Schmona“ beschert, schrieb Lapid weiter – unter Bezugnahme auf einen beim Hamas-Großangriff auf Israel am 7. Oktober verwüsteten Kibbuz im Süden Israels und eine seit Monaten regelmäßig unter Beschuss der islamistischen Hisbollah-Miliz stehende Stadt im Norden des Landes nahe der Grenze zum Libanon.

Der Iran hatte in der Nacht zum Sonntag erstmals in der Geschichte von seinem Staatsgebiet aus direkt Israel angegriffen. Israel, die USA und weitere Verbündete sowie Jordanien wehrten fast alle der mehr als 300 von Teheran abgefeuerten Drohnen, Raketen und Marschflugkörper ab.

Lapid machte Netanjahu zudem für die Zunahme der Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland verantwortlich. Unter der Verantwortung des Regierungschefs sei die „Gewalt jüdischer Terroristen (…) außer Kontrolle geraten“. (afp)

Auswärtiges Amt bestellt iranischen Botschafter ein

Nach der Verschärfung des Nahost-Konflikts durch den Angriff des Iran auf Israel hat das Auswärtige Amt den Botschafter Teherans einbestellt. Das teilte ein Sprecher am Montagmittag mit. Das Gespräch finde zur Stunde im Ministerium statt, sagte er. Die Bundesregierung reagierte damit auf die Einbestellung des deutschen Botschafters in Teheran in das dortige Außenministerium am Sonntag. Dieses hatte die Einbestellung mit „unverantwortlichen Positionen“ Deutschlands, aber auch Frankreichs und Großbritanniens begründet, deren Botschafter ebenfalls herbeizitiert worden waren. (dpa)

Bundesinnenministerin Faeser warnt vor Folgen für Deutschland

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat nach dem iranischen Angriff auf Israel vor Folgen für Deutschland gewarnt. „Wir wissen, wie sich Eskalationen im Nahen Osten auch in Deutschland auswirken können“, sagte die SPD-Politikerin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem folgenden Gazakrieg gebe es einen drastischen Anstieg antisemitischer Straftaten. „Die Spirale, dass Eskalationen im Nahen Osten zu noch mehr widerwärtigem Judenhass bei uns führen, müssen wir durchbrechen.“ Die Sicherheitsbehörden seien sehr wachsam und beobachteten genau, „ob die aktuelle Eskalation durch das iranische Regime Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland hat“. Dabei habe der Schutz von israelischen und jüdischen Einrichtungen in Deutschland höchste Priorität. (afp)

Baerbock mahnt zur Einhaltung des Völkerrechts

Außenministerin Annalena Baerbock setzt nach dem beispiellosen Angriff des Irans darauf, dass Israel bei einer möglichen Reaktion das Völkerrecht einhält. „Das Recht auf Selbstverteidigung bedeutet die Abwehr eines Angriffes. Vergeltung ist keine Kategorie im Völkerrecht“, sagte die Grünen-Politikerin am Montag bei einer von Frankreich und Deutschland organisierten Hilfskonferenz für Sudan in Paris auf die Frage einer Journalistin, ob Israel das Recht zu einem Gegenschlag habe.

Sie habe dies in der vergangenen Woche gegenüber ihrem iranischen Kollegen Hussein Amirabdollahian deutlich gemacht, sagte Baerbock. Mit dem Angriff habe das iranische Regime die Region am Wochenende an den Rand des Abgrunds geführt. „Gleichzeitig hat diese Eskalation aber auch gezeigt, dass die Region an der Seite Israels steht, wenn es die Eindämmung des gefährlichen iranischen Verhaltens geht. Der Iran ist isoliert“, sagte die Ministerin.

„Israel hat in einer defensiven Art und Weise gesiegt, dank seiner starken Luftabwehr und dank des beherzten Eingreifens der USA, Großbritanniens und arabischer Staaten“, sagte Baerbock weiter. „Diesen Defensivsieg gilt es jetzt diplomatisch abzusichern. Unsere Priorität muss dabei sein, einen Flächenbrand in der Region zu verhindern.“

Am Sonntag seien sie und andere Partner im ständigen Austausch mit der israelischen Regierung, arabischen Partnern und internationalen Akteuren gewesen, „gerade auch zum Schutz Israels Sicherheit“, sagte die Baerbock. Sie habe deswegen am Sonntag auch noch einmal mit Amirabdollahian gesprochen und ihn unmissverständlich vor einer weiteren Eskalation gewarnt.

Der jüdische Staat behält sich nach dem beispiellosen Angriff des Irans auf Israel eine militärische Reaktion vor. (dpa)

Scholz appelliert auch an Israel

Nach dem iranischen Angriff hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch Israel aufgefordert, zur „Deeskalation“ der Lage im Nahen Osten beizutragen. Die Art und Weise, wie es Israel gelungen sei, mit Partnern vor Ort und auch internationalen Partnern den iranischen Angriff zurückzuweisen, sei „wirklich beeindruckend gewesen“, sagte Scholz am Montag bei seinem Besuch in der chinesischen Wirtschaftsmetropole Schanghai.

„Das ist eine große Leistung der israelischen Armee, der israelischen Luftverteidigungskräfte“, sagte der Kanzler. Er verknüpfte diese Aussage mit dem Appell, nun auf eine Deeskalation hinzuwirken: „Das ist ein Erfolg, der vielleicht auch nicht verschenkt werden sollte. Deshalb auch unser Ratschlag, selbst zur Deeskalation beizutragen.“

Scholz bezeichnete den iranischen Angriff als „präzendenzlos“ und wiederholte seine Warnung an Teheran: „Das darf nicht so weiter gehandhabt werden von Seiten des Iran.“ Die Haltung der G7-Staaten sei „sehr einvernehmlich und identisch“. Deren Appell sei sehr klar: „Der Iran muss diese Aggression einstellen.“ Der iranische Angriff hat Befürchtungen ausgelöst, es könne ein israelischer Gegenschlag folgen und dadurch ein Flächenbrand in der Region entstehen. (afp)

Großbritannien fordert von Israel Verzicht auf Gegenschlag

Der britische Außenminister David Cameron fordert Israel auf, nach dem iranischen Angriff auf Vergeltungsmaßnahmen zu verzichten. Das Vorgehen der Teheraner Führung sei ein fast völliger Fehlschlag gewesen und man solle sich weiterhin auf die Vereinbarung einer Waffenruhe im Gazastreifen konzentrieren.

„Wenn Sie heute Morgen in Israel sitzen, denken Sie zu Recht, dass wir jedes Recht haben, darauf zu reagieren, und das haben sie auch. Aber wir drängen darauf, dass sie nicht eskalieren“, sagte Cameron dem Sender Sky News. „In vielerlei Hinsicht war dies eine doppelte Niederlage für den Iran. Der Angriff war ein fast völliger Fehlschlag, und sie haben der Welt gezeigt, dass sie der bösartige Einfluss in der Region sind, der zu so etwas bereit ist. Deshalb hoffen wir, dass es keine Vergeltungsmaßnahmen geben wird.“

Auch Frankreich wird sich nach den Worten von Präsident Emmanuel Macron dafür einsetzen, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation im Konflikt zwischen dem Iran und Israel kommt. „Wir machen uns alle Sorgen wegen einer möglichen Eskalation“, sagte er in einem Interview mit dem TV-Sender BFM und dem Radiosender RMC.

UN-Generalsekretär António Guterres rief nach dem iranischen Angriff auf Israel zu äußerster Zurückhaltung auf. Er verurteilte den Angriff und warnt vor einer weiteren Eskalation. „Der Nahe Osten steht am Abgrund“, sagte Guterres bei der Sitzung. „Die Menschen in der Region sind mit der realen Gefahr eines verheerenden umfassenden Konflikts konfrontiert. Jetzt ist es an der Zeit, die Lage zu entschärfen und zu deeskalieren.“ (rtr)

USA erhöhen diplomatischen Druck

US-Außenminister Antony Blinken hat nach dem iranischen Angriff auf Israel mit seinen Amtskollegen aus Saudi-Arabien, Jordanien und Ägypten beraten. Auch mit dem türkischen Außenminister habe Blinken telefoniert, erklärte das US-Außenministerium. In den getrennten Gesprächen habe Blinken bekräftigt, dass die USA keine Eskalation wollten. Er habe wiederholt, dass die USA Israel bei seiner Verteidigung weiterhin unterstützen würden.

Mit seinem ägyptischen Amtskollegen Sameh Schukry habe Blinken zudem darüber gesprochen, die humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen auszuweiten. Thema seien hier auch der Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung und eine sofortige Waffenruhe gewesen, durch die die Freilassung der israelischen Geiseln im Gazastreifen sichergestellt werden solle. Die USA und Ägypten sind neben Katar die wichtigsten Vermittler in dem seit mehr als einem halben Jahr anhaltenden Krieg zwischen dem israelischen Militär und der Hamas im Gazastreifen. (rtr)

Saudi-Arabien: Hamas hat Krieg in Gaza angezettelt

Ein namentlich nicht genannter Beamter der saudischen Königsfamilie teilte dem öffentlich-rechtlichen Sender Kan mit, dass „jedes verdächtige Objekt“, das in den saudischen Luftraum gelangt, abgefangen wird, eine offensichtliche Anspielung auf die angebliche Rolle des Königreichs beim Abschuss iranischer Angriffsdrohnen, die letzte Nacht auf Israel zusteuerten.

Der saudische Beamte kritisierte den Iran auch dafür, dass er „einen Krieg in Gaza angezettelt“ habe, um die Fortschritte zu zerstören, die das Land bei der Normalisierung der Beziehungen zu Israel gemacht habe, berichtete Kan. „Iran ist ein Land, das den Terrorismus fördert, und das hätte schon vor langer Zeit gestoppt werden müssen“, zitierte Kan den Beamten. (taz)

EASA rät zu Vorsicht im israelischen Luftraum

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) rät weiterhin zur Vorsicht im israelischen Luftraum sowie in einem Umkreis von rund 100 Seemeilen um das Land. Auch im iranischen Luftraum rät sie dazu, Vorsicht walten zu lassen. Sie beobachte die Lage im Nahen Osten genau, erklärt die EASA, fügt aber hinzu, dass zu keinem Zeitpunkt eine Überfluggefahr für die zivile Luftfahrt bestanden habe.

Als Reaktion auf die Eskalation in Nahost nach dem iranischen Angriff auf Israel verstärkt Frankreich die Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen. Angesichts des bevorstehenden Pessachfestes und der aktuellen internationalen Lage seien die örtlichen Behörden angewiesen worden, die Sicherheit an Orten, die von jüdischen Mitbürgern besucht würden, wie insbesondere Synagogen und jüdische Schulen, deutlich zu erhöhen, schreibt Innenminister Gerald Darmanin auf der Online-Plattform X. (rtr)

US-Militär fing mehr als 80 Drohnen ab

Das US-Militär hat nach eigenen Angaben mit Unterstützung von Zerstörern des U.S. European Command am Samstag und Sonntag mehr als 80 Drohnen und mindestens sechs ballistische Raketen mit Ziel Israel abgefangen und zerstört. Die Geschosse seien vom Iran und Jemen aus abgefeuert worden, teilt das U.S. Central Command (Centcom) auf X mit. „Centcom ist weiterhin bereit, Israels Verteidigung gegen diese gefährlichen Aktionen des Irans zu unterstützen. Wir werden weiterhin mit allen unseren regionalen Partnern zusammenarbeiten, um die regionale Sicherheit zu erhöhen.“

Der Angriff mit mehr als 300 Drohnen und Raketen, die größtenteils aus dem Iran abgefeuert wurden, hat nur geringen Schaden angerichtet. Die meisten Geschosse wurden von Israels Abwehrsystem „Arrow“ und mit Hilfe der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens abgefangen. (rtr)

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