Studie über ökonomische Schäden: Klimakrise schrumpft Weltwirtschaft

Die Erderhitzung lässt nicht nur Gletscher, sondern auch den Wohlstand schmelzen, warnen Klimaforscher*innen. Auch in Deutschland.

Ein Regenbogen vor dem Rasensprenger auf einem Kartoffelfeld

Malerische Agrar-Idylle? Die Klimakrise wird immer mehr zu Ernteausfällen führen Foto: Martin Wagner/imago

Die Klimakrise macht uns ärmer: Die Weltwirtschaft droht durch die Erderhitzung bis 2050 etwa um ein Fünftel zu schrumpfen, warnen Kli­ma­for­sche­r*in­nen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung in einer neuen Studie. Die Ergebnisse sind am Mittwoch in der Fachzeitschrift Nature erschienen. Es drohe ein drastischer Einkommensverlust, auch in Deutschland.

Insgesamt schätzen die Forschenden die jährlichen Schäden im Jahr 2050 auf weltweit rund 38 Billionen US-Dollar, das entspricht nach aktuellem Wechselkurs 35,7 Billionen Euro. Die Probleme sind vielfältig: Dürren oder Starkregen raffen zum Beispiel Ernten dahin. Die zunehmende Hitze führt zu Erschöpfung bei Beschäftigten, was die Arbeitsleistung verringert.

Das haben auch andere Untersuchungen schon ergeben. Die Öko­no­m*in­nen des Versicherers Allianz hatten zum Beispiel im vergangenen Jahr ausgerechnet, wie eine einzige sommerliche Hitzewelle in den Vereinigten Staaten, Südeuropa und China zu verminderter Produktivität führte. Das Ergebnis: Die extremen Temperaturen, die durch die Klimakrise wahrscheinlicher wurden, hätten die Länder 2023 im Schnitt 0,6 Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts gekostet.

Die zur Jahrhunderthälfte zu erwartenden Schäden werden laut der aktuellen Studie aus Potsdam sechsmal mehr kosten als Maßnahmen, um die globale Erwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. Selbst guter Klimaschutz könne aber nicht mehr verhindern, dass die Wirtschaft schrumpft – schließlich läuft die Erwärmung längst. Auch Deutschland hat sich schon deutlich aufgeheizt. Das Jahrzehnt von 2014 bis 2023 war im Schnitt 2,3 Grad wärmer als das übliche Niveau zu Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Mittlerweile sterben hierzulande laut Robert-Koch-Institut jährlich Tausende infolge von Hitze.

Klimabedingte Wohlstandsvernichtung aufhalten

Deutschland down Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Wachstumserwartungen für Deutschland gesenkt. Im Jahr 2024 sei nur noch mit einer Zunahme der Wirtschaftskraft um 0,2 Prozent zu rechnen. Im Januar hatten die Experten noch 0,5 Prozent prognostiziert.

Welt up Die Weltwirtschaftsleistung hingegen soll der Prognose des IWF zufolge in diesem Jahr um 3,2 Prozent steigen – das sind 0,1 Prozentpunkte mehr als im Januar. Weltweit nehme zudem die Staatsverschuldung zu. Teils geht es dabei um Kredite, um die Wirtschaft fit zu machen. Auch hier läuft Deutschland mit zurückgehender Schuldenquote gegen den Trend. (taz)

„Unsere Studie zeigt, dass der Klimawandel innerhalb der nächsten 25 Jahre in fast allen Ländern der Welt massive wirtschaftliche Schäden verursachen wird, auch in Ländern wie Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten“, sagt Klimaforscherin Leonie Wenz, die die Untersuchung geleitet hat. „Diese Schäden innerhalb der nächsten Jahre sind eine Folge unserer bisherigen Emissionen.“

Ist die klimabedingte Wohlstandsvernichtung gar nicht mehr aufzuhalten? Doch, zumindest teilweise, meint Wenz. Es brauche eine bessere Anpassung an die Folgen der Klimakrise. Und: Damit die Kosten nicht noch weiter steigen, müsse der Temperaturanstieg begrenzt werden. „Wir müssen unsere CO2-Emissionen drastisch und sofort reduzieren – andernfalls werden die wirtschaftlichen Verluste in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch höher sein und bis Ende des Jahrhunderts im globalen Durchschnitt bis zu 60 Prozent betragen“, so Wenz.

Ihre Arbeit zeigt allerdings auch: Deutschland ist nicht das hauptleidtragende Land. „Unsere Studie verdeutlicht die erhebliche Ungleichheit der Klimafolgen: Zwar stellen wir fast überall Auswirkungen fest, insgesamt das 80-Fache des derzeitigen Bundeshaushalts, aber die tropischen Länder sind am meisten betroffen“, sagt Klimaforscher Anders Levermann, einer von Wenz’ Ko-Autoren. Weil es dort bereits wärmer sei, schlage dort der Klimawandel auch am heftigsten zu. Sprich: Teils reichen schon kleinere Erwärmungen aus, um ein bislang bewohntes und landwirtschaftlich genutztes Gebiet zur Todeszone zu machen.

Die doppelte Ungerechtigkeit

Levermann sieht darin eine doppelte Ungerechtigkeit. „Die Länder, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind, werden voraussichtlich Einkommensverluste erleiden, die 60 Prozent höher sind als in den Ländern mit höherem Einkommen und 40 Prozent höher als in den Ländern mit höheren Emissionen.“

Oft würden die Hauptbetroffenen auch über die geringsten Ressourcen verfügen, um sich an die Klimafolgen anzupassen. Was zu tun ist, ist für den Klimaforscher klar: „Die Temperatur des Planeten kann nur stabilisiert werden, wenn wir aufhören, Öl, Gas und Kohle zu verbrennen.“

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