Russischer Vormarsch auf ­Wowtschansk: „Schwierige Situation“ in der Ukraine

Russland verstärkt seine Offensive im ukrainischen Gebiet Charkiw. Truppen rücken in die Stadt Wowtschansk ein. Sie ist weitgehend zerstört.

Brennende Wohnhäuser und eine Birke

Wowtschansk. Brennende Wohnhäuser nach einem russischen Luftangriff Foto: Evgeniy Maloletka/ap

taz | Das russische Militär verstärkt seine Offensive im ukrainischen Gebiet Charkiw. Ukrainische Quellen bestätigten am Montag schwere Kämpfe in der Kleinstadt Wowtschansk, nur 4 ­Kilometer von der Grenze entfernt und 70 Kilometer nordöstlich der Millionenstadt Charkiw. Medien berichten von Straßenkämpfen und vom Einrücken russischer Soldaten in den Norden der Ortschaft.

Der ukrainische Generalstab meldete „taktische Erfolge“ der Russen. Der örtliche Verwaltungschef Tamas Gambaraschwili sprach gegenüber ukrainischen Journalisten von einem „Dauerfeuer“. Der örtliche ukrainische Gouverneur Oleh Synjehubow teilte mit, die russischen Streitkräfte versuchten mit weiteren kleineren Angriffen, die neue Front auszuweiten. „Die Situation ist schwierig“, sagte er im Fernsehen.

Bilder aus Wowtschansk zeigten eine weitgehend zerstörte Stadt mit brennenden Gebäuden. Nur noch rund 500 Zivilisten sollen sich in Wowtschansk aufhalten; der Großteil der Bevölkerung wurde in den vergangenen Tagen evakuiert.

Die Stadt am Leben halten

Ukrainische Spezialkräfte versuchen nun, den russischen Vorstoß aufzuhalten. „Die Lage ist sehr angespannt“, berichtet der ukrainische Kriegsreporter Juri Butusow aus Wowtschansk. „Die russischen Truppen haben die Initiative, weil sie zahlenmäßig überlegen sind und vorgeplante Operationen auf breiter Front durchführen.“ Viele vorbereitete ukrainische Verteidigungsstellungen hätten sich an den falschen Stellen befunden.

„Die vorderste Verteidigungs­linie existierte einfach nicht“, klagten mehrere ukrainische Soldaten in Wowtschansk in einem in sozialen Medien veröffentlichten Schreiben. Zwar habe die ukrainische Luftaufklärung und Artillerie in Wowtschansk eine komplette russische Kompanie vernichten können, aber bis in die Stadt hätten die russischen Truppen gar nicht erst kommen dürfen: „Nach zwei Jahren hätte es Betonfestungen geben müssen (…). Wir könnten sterben­, ohne dass je jemand die Wahrheit ­erfahren hätte.“

Um die Front zu halten, hat die Ukraine den Kommandeur der Militär­region Charkiw ausgewechselt. Der am Montag bekannt gebene neue Oberbefehlshaber, Brigadegeneral Mychajlo Drapatyj, gilt als einer der erfahrensten Frontkommandeure der Ukraine: Er spielte nach einem Bericht der Zeitung Kyiv Post eine Schlüsselrolle in der Verteidigung von Mariupol im Frühsommer 2022 und in der Befreiung der Stadt Cherson im Herbst 2022. Nun muss er die zweitgrößte Stadt des Landes halten.

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