Israel und Libanon: Acht Tote im Grenzgebiet

Israel und Gruppierungen im Libanon haben sich erneut gegenseitig beschossen. Auf libanesischer Seite tritt eine wenig bekannte Miliz in Erscheinung.

Sanitäter untersuchen einen schwer beschädigten Krankenwagen, der vor einem Sanitätszentrum geparkt ist, das am frühen Mittwochmorgen durch einen israelischen Luftangriff im Dorf Hebbariye im Südlibanon zerstört wurde

Sanitäter untersuchen einen schwer beschädigten Krankenwagen in Hebbarijeh Foto: Mohammad Zaatari/AP/dpa

BEIRUT taz | Im Libanon sind durch israelische Luftangriffe sieben Menschen getötet worden. In der Nacht auf Mittwoch seien sieben freiwillige Sanitäter im Büro des Islamischen Notfall- und Hilfskorps in der Stadt Hebbarijeh getötet worden, so der libanesische Rettungsverband und die staatliche Nachrichtenagentur NNA. Das israelische Militär dagegen sagte, es habe ein militärisch genutztes Gebäude getroffen und Extremisten getötet.

Bei einem Gegenangriff der schiitischen Hisbollah kam ein Mensch ums Leben. Laut der Miliz richtete sich der Angriff gegen einen Militärstützpunkt in Kirjat Schmona. Ein 25-Jähriger sei getötet worden, teilte der israelische Rettungsdienst Magen David Adom mit. Laut israelischem Militär wurden etwa 30 Raketen auf Nordisrael abgefeuert.

Die Grenze zwischen Libanon und Israel ist seit Jahrzehnten umstritten. Seit Jahren kommt es zu sporadischen Angriffen. Seit dem Überfall auf Israel am 7. Oktober beschießen sich das israelische Militär und propalästinensische Gruppierungen, darunter vor allem der militante Arm der Hisbollah sowie der libanesische Arm der Hamas, fast täglich. Mehr als 200 Hisbollah-Kämpfer und rund 40 Zi­vi­lis­t*in­nen wurden auf libanesischer Seite getötet, während in Israel 9 Zi­vi­lis­t*in­nen und 11 Sol­da­t*in­nen bei Angriffen starben. Die Gefechte können als sehr kalkuliert eingestuft werden. Bisher wurden keine großen Bevölkerungszentren angegriffen, doch auf beiden Seiten der Grenze sind Tausende geflohen.

Bei den Opfern des jüngsten Angriff handelt es sich laut israelischem Militär um Mitglieder der sunnitischen Miliz Dschamaa Islamijah, die ideologisch der Muslimbruderschaft nahesteht. Die Gruppe hat sich in den letzten Jahren politisch zurückgehalten und ist aktuell mit einem Abgeordneten im Parlament vertreten. Während im Grenzgebiet die Hisbollah die Macht hat, gibt es dort auch sunnitische sowie christliche Dörfer. Der Krieg hat die sunnitischen Islamisten der Hisbollah näher gebracht. Am Dienstag sagte der Anführer der Dschamaa Islamijah, man koordiniere Angriffe mit der Hisbollah. Am Mittwoch erklärte die Gruppe, das angegriffene Notfallzentrum in Hebbarijeh sei nicht mit ihr verbunden.

Auch Angehörige der getöteten Sanitäter bestritten die angebliche Verbindung gegenüber Al Jazeera. Demnach war das Gebäude kein militärisches Ziel. Die Opfer seien Sanitäter, Freiwillige und Studierende. Es war das erste Mal, dass das Dorf getroffen wurde, doch es wäre nicht das erste Mal, dass Zi­vi­lis­t*in­nen durch israelische Angriffe getötet wurden. Bisher gab es vier Angriffe auf medizinische Einrichtungen und Sanitäter im Südlibanon. Die Mehrheit der Erst­hel­fe­r*in­nen dort sind Mitglieder medizinischer Organisationen der Hisbollah und ihrer Verbündeten, der Amal-Bewegung. Die Organisation ist oft eng mit der Zivilbevölkerung verwoben.

Israel möchte, dass sich die Hisbollah rund 30 Kilometer hinter die Grenze zurückzieht, und verweist auf die UN-Resolution 1701, die 2006 angenommen wurde. Unter anderem sollte eine entmilitarisierte Zone entstehen. Die Hisbollah verweist darauf, dass auch Israel sich aus umstrittenen Gegenden zurückzuziehen müsse. Generalsekretär Hassan Nasrallah hat erklärt, dass der Beschuss Nordisraels anhalten werde, bis der Gazakrieg beendet sei.

Im Libanon möchten Bevölkerung und Regierung einen umfangreichen Krieg vermeiden. Ministerpräsident Nadschib Mikati hat jedoch klargemacht, dass man auf die Hisbollah keinen großen Einfluss habe. Die Amal-Bewegung soll diese Woche ihre Kämpfer aus dem Süden abgezogen haben. Das berichtete die Plattform Ici Beyrouth mit Verweis auf einen Amal-Abgeordneten. Dieser soll gesagt haben, die Konfrontationen hätten eine inakzeptable Wendung genommen.

Nach inoffiziellen Angaben sind mehr als 15.000 Häuser im Südlibanon ganz oder teilweise zerstört. Mikati sagte der Zeitung al-Akhbar, die Regierung werde Entschädigungen für die Familien der Opfer sowie für den Wiederaufbau von Häusern und Tabakfeldern zahlen. Woher das Geld kommen soll, ließ er offen. Das Land befindet sich seit 2019 in einer Wirtschaftskrise. Laut Regierung braucht es 46 Millionen US-Dollar für die Entschädigung und den Wiederaufbau. Iran, Hauptfinanzier der Hisbollah, hat bereits gesagt, man werde dieses Mal nicht für den Wiederaufbau zahlen.

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