Flüchtlinge, die Snowden halfen: Angst vor Entführung

In Hongkong halfen Flüchtlinge aus Sri Lanka dem US-Whistleblower beim Untertauchen. Werden sie nun von der Polizei verfolgt?

Zwei Männer, zwei Frauen und zwei Kinder stehen auf einer Straße

Fühlen sich verfolgt: Die Flüchtlinge, die Snowden aufnahmen Foto: imago/ZUMA Press

BERLIN taz | Zwei Familien aus Sri Lanka, die vor vier Jahren den US-Whistleblower Edward Snowden aufgenommen hatten, haben nun selbst Angst vor Verfolgung. Sri-lankische Kriminalbeamte seien im vergangenen Herbst zwei Mal in die Stadt gereist und hätten sich in der sri-lankischen Community nach ihnen erkundigt, sagte ihr Anwalt, Robert Tibbo, der taz. „Meine Mandanten haben jetzt Angst davor, entführt zu werden“, so Tibbo. „und sie haben Angst, dass ihren Familien in Sri Lanka etwas angetan wird.“

Im Sommer 2013 hatten die Flüchtlinge in Hongkong Edward Snowden aufgenommen, als er auf der Flucht vor den US-Behörden in der Stadt untertauchte. Robert Tibbo, der als Anwalt auch Snowden beriet, brachte ihn damals in den Familien seiner Mandanten unter. „Ich habe mir gedacht, dass gerade Flüchtlinge die Situation von Herrn Snowden besonders nachempfinden könnten“, so Tibbo zur taz. „Und ich ging davon aus, dass die Behörden ihn niemals bei anderen Flüchtlingen vermuten würden.“

Der Plan ging auf, nach wenigen Tagen Aufenthalt, gelang Snowden damals die Weiterreise nach Russland, wo er bis heute im Asyl lebt. Als im vergangenen Jahr ein Hollywood-Film zu seiner Flucht erscheinen sollte, gingen seine einstigen Gastgeber an die Öffentlichkeit. Der 44-jährige Ajith Pushpakumara war aus Sri Lanka geflüchtet, nachdem er vom Militär desertiert war und dafür gefoltert wurde. Der 32-jährige Supun Thilina Kellapatha war ebenfalls geflüchtet, nachdem er gefoltert wurde. Eine dritte Frau, eine 42-jährige philippinische Frau, nahm Snowden ebenfalls auf.

Nun fühlen sie sich erneut verfolgt. Nachdem ihre Identitäten öffentlich wurden, seien ihre Familien in Sri Lanka mehrfach befragt und belästigt worden, sagte Tibbo. Die Beamte, die in Hongkong nach ihnen suchten, hätten Unterlagen und Fotos von ihnen dabei gehabt. „Sie haben Angst, dass sie aus Hongkong entführt werden könnten“, so Tibbo. In Sri Lanka würden ihnen erneut Haft und Folter drohen.

Dass die Familien tatsächlich verfolgt werden, ist nicht sicher. Laut Tibbo gebe es mehrere Hinweise aus der sri-lankischen Community, dass die Polizeibeamten aus Sri Lanka tatsächlich in Hongkong waren, allerdings sei die Person, die konkret angesprochen wurde, nicht erreichbar. „Wir können nicht alles offenlegen, weil wir noch Anzeige erstatten“, so Tibbo. „Uns könnte Behinderung der Justiz vorgeworfen werden, wenn wir damit an die Öffentlichkeit gehen.“ Kommende Woche wollen er und die sri-lankischen Familien die Hongkonger Polizei aufsuchen.

Die sri-lankische Polizei hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Sie seien „leichtfertig, unbelegt und ohne Basis“ heißt es in einem Statement an die Nachrichtenagentur afp. Im Herbst vergangenen Jahres sei nur ein Beamter für fünf Tage nach Hongkong gereist, um an einer Weiterbildung der internationalen Polizeibehörde Interpol teilzunehmen.

Die Hongkonger Polizei teilte lediglich mit, nur die Hongkonger Sicherheitsbehörden in der Stadt das Gesetz durchsetzen dürfen. „Wenn es irgendwelche illegalen Handlungen gab, wird die Polizei im Sinne des Gesetzes dagegen vorgehen“, sagte sie dem US-Nachrichtensender CNN.

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