„Bild“ klagt gegen „Focus Online“: Abkupfern mit System

Bei „Bild Plus“ vermarktet Springer Artikel mit einer Bezahlschranke. „Focus Online“ soll aus diesen Texten abgeschrieben haben.

Das Logo von "Focus Online" über Menschen an Computern

Hat „Focus Online“ aus „Bild“-Texten zitiert? Oder deren Themen geklaut? Foto: dpa

BERLIN taz | Das Springerblatt Bild hat beim Landgericht Köln Klage gegen Focus Online eingereicht. Der Vorwurf: Focus Online schreibe „systematisch“ beim kostenpflichtigen Angebot Bild Plus ab und veröffentliche deren Infos für lau. Dies sei „eine gezielte Behinderung des Geschäftsmodells von BildPlus sowie eine Verletzung des Datenbankrechts“, verbreitet Springer in einer Pressemitteilung.

Die Beweisführung ist gar nicht mal so leicht: Gerade im Online-Journalismus ist Abschreiben nur schwer von Zitieren zu trennen. Ständig wird die Konkurrenz gelesen, um zu überprüfen, ob man selbst Themen verpasst hat. Wenn ja, berichtet man eben auch. Um den Verweis auf den Urheber der Nachricht geht es der Bild denn auch gar nicht so sehr: Links auf die Bild-Plus-Meldungen habe Focus Online meist eingebaut, gibt man bei Springer zu.

Das Problem sei vielmehr die Systematik hinter dem Vorgehen: „exklusive Bezahl-Inhalte von BildPlus“ würden abgeschrieben und von Focus Online „zum Teil des eigenen Geschäftsmodells“ gemacht, heißt es in der Pressemitteilung. Den kostenpflichtigen BildPlus-Bereich hat die Bild 2013 eingeführt, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen.

Bereits im Mai 2014 war es zum ersten Knatsch zwischen Bild und Focus Online gekommen. Via Twitter hatten damals Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt und der damalige Bild-Chefredakteur Kai Diekmann Focus Online vorgeworfen, zwei Texte über Aussagen von Altkanzler Helmut Schmidt über die Ukraine-Krise sowie über Morddrohungen gegen Carsten Maschmeyer quasi abgeschrieben zu haben. Der Branchendienst Meedia hat den Fall dokumentiert.

Klage wegen Datenbankrecht

„Peinlich“ nannte Diekmann das Vorgehen von Focus-Online-Chef Daniel Steil, früher Kollege bei der Bild. In einem Interview mit dem Medienportal turi.de im August 2014 mahnte Reichelt vor allem korrektes Zitieren an: „Solange wir sauber zitiert werden, freuen wir uns über Weiterverbreitung.“

Das hat sich mittlerweile offenbar geändert: Über Monate habe die Bild eigene Texte mit denen auf Focus Online verglichen, mit dem Ergebnis, dass hinter dem Inhalte-Klau System stecke. „Mit diesem Verhalten greift Focus Online das Geschäftsmodell einer ganzen Branche an – dagegen müssen wir uns wehren“, lässt sich Chefredakeur Reichelt in der Pressemitteilung zitieren. Die Bild klagt nun auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung.

Die Klage betrifft Wettbewerbs- und Urheberrecht, beruft sich aber auf eine spezielle Klausel. Urheberrechtlich ist Focus Online nämlich weitgehend auf der sicheren Seite, da es nicht wortwörtlich Sätze von der Bild kopiert, sondern nur die Informationen übernimmt – und zudem auf die Bild als Urheber verweist. Die Bild-Klage beruft sich deswegen auf Paragraph 87 des Urheberrechtsgesetzes, das Datenbankrecht. Dieses schützt den Datenbankhersteller vor unzulässiger Verwertung seiner Datenbank.

Nach Angaben von Bild-Anwalt Felix Stang kommt im vorliegenden Fall entscheidend hinzu, dass die Datenbankinhalte hinter einer Bezahlschranke liegen – und damit eigentlich geschützt seien. „Darin liegt die Unlauterkeit des Vorgehens von Focus Online“, erklärt Stang gegenüber der taz. „Das kann nicht rechtens sein.“

Das Verfahren könnte ein Jahr oder länger in Anspruch nehmen. „Wir betreten in dieser Konstellation juristisches Neuland“, sagt Stang. Bild strebe aber kein Eil-Verfahren an, es gehe um eine grundsätzliche Klärung.

Focus Online wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Verfahren äußern, da die Klage noch nicht vorliege.

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